Antisemitischer Vorfall in Windischeschenbach

In Zeiten der Angst haben Verschwörungstheorien, besonders antisemitische, Hochkonjunktur. In jeder Krise der Geschichte sind antisemitische Verschwörungen die Erklärung, um das unverständliche auf ein verständliches Maß zu reduzieren. In der aktuellen Pandemie werden ebenfalls viele falsche Informationen und antisemitische Verschwörungsmythen verbreitet und für Hass und Hetze instrumentalisiert. Durch die Beschuldigung einer Gruppe wird ein “Sündenbock“ erschaffen. Dieser “Sündenbock“ dient als Schreckensfigur, als Blitzableiter für die Angst und befriedigt das Gefühl der Hilflosigkeit in einer Zeit ,in der die Komplexität, die Unverständlichkeit der Situation, das eigene Wesen überfordert und einen lähmt. Durch diese Art der Vereinfachung wird die Lage einfacher. Denn eine schuldige Person ist besser verständlich, ist greifbarer als ein Virus. Das Erschaffen eines Schuldigen gibt das Gefühl Zurück, etwas tun zu können, da man nun Weiß, gegen wen.

 

Zu Beginn der Pandemie waren die Asiaten als Auslöser und Erschaffer des Covid-19 Virus verantwortlich. Mit zunehmender Radikalisierung und besonders zunehmender Politisierung musste eine politische und systemrelevantere Antwort auf die Frage des Schuldigen gefunden werden. Wie bereits im Mittelalter, als die Pest grassierte, werden nun erneut die Juden verantwortlich gemacht. Zu Zeit der Pest vergifteten diese angeblich die Brunnen, heute versucht die vermeintliche jüdische Elite durch die Pandemie die Geschicke der Welt zu lenken. Leider handelt es sich hierbei nicht um eine absurde Idee, sondern um eine tief verankerte Annahme und Angst. Dieser Mythos ist geschichtlich sehr gut zurückzuführen und wurde immer wieder erneut widerlegt.

Immer mehr Personen auf Anti-Corona Protesten greifen antisemitische Verschwörungsmythen auf. In vielen Fällen lassen sich antisemitische Bezüge sehr offen erkennen, in anderen Fällen ist es schwieriger die Codes zu erkennen.


 In Windischeschenbach wurde am 10.12.2021 ein Gast einer Wirtschaft, durch einen Impfgegner mit einer mit gelben Stern gegenzeichneten Maske belästigt. Dieser gelbe Stern ist gleichzusetzen mit dem gelben Judenstern zur Zeit des Nationalsozialismus. Immer wieder nehmen vermeintliche Corona-kritiker Bezug zum Holocaust. Diese verharmlosen dadurch die Ermordung von über 6 Millionen Menschen oder vergleichen sich mit den Opfer. Die vermeintliche Kritik, die in diesem Fall geäußert wird, bezieht sich auf die Kennzeichnung einer „marginalisierten“ Gruppe. Die Impfgegner sehen sich als durch das politische System stigmatisierte Opfer, die ebenfalls wie die Juden, Sinti und Roma und weitere Gruppen während der Shoa (Holocaust) ausgegrenzt und als minderwertige Menschen deklariert werden. Der gravierende Unterschied ist jedoch, dass die Impfgegner Ihren Status freiwillig gewählt haben und dieser nicht in der Ausrottung endet. Diese vermeintliche Kritik verharmlost das Leid und das Schrecken der Shoa (Holocaust) maßlos.

Dieses Verhalten ist jedoch kein Einzelfall. Wenige Tage später wurden am 20.12.2021 an den Stolpersteinen der Stadt Amberg Kerzen aufgestellt. Diese Kerzen sollen den erneuten Beginn einer Spaltung und Ausgrenzung in der Gesellschaft symbolisieren. Dass die Impfgegner:innen gerne antisemitischen Propaganda, antisemitische Stereotype oder faschistische Meinungen publizieren zeigen die Demonstrationen stetig. Auf den Schilder der Demonstrierenden wird der Bezug zum KZ-Arzt Joseph Mengele, zu Konzentrationslagern, Gaskammern oder direkt zum Holocaust 2.0 gezogen. Diese Beispiele sind nur eine Auswahl der zwischen dem 01.-15.12.2021 bekannt gewordenen Vorfällen in Bayern. Diese Art der Bezugnahme zwischen dem Holocaust und der aktuellen Pandemie zeigt, wie weltfremd diese Personen die Realität wahrnehmen und in welchem Ausmaß sich rechte Ideologien in der Gesellschaft manifestiert haben. Der Antisemitismus in der Gesellschaft ist nicht mehr nur salonfähig, sondern wird offen auf der Straße transportiert. Es ist daher besonders wichtig, sich über antisemitischen Erzählungen zu informieren, um diese zu erkennen. In vielen Fällen sind diese nicht so offensichtlich wie in dem oben genannten Vorfall. Der antisemitische Bezug bei Aussagen mit Bezug auf eine „Neue Weltordnung“, einem „Great Reset“ oder den Bezeichnungen „Lügenpresse“ und „Strippenzieher“ schwerer zu erkennen. Bei der Verschwörungstheorie der „Neuen Weltordnung“ handelt es sich um die Schaffung einer neuen Weltregierung, an dessen Spitze die jüdische Elite alle Geschicke lenkt bzw. die Strippen zieht.

Wir verurteilen Personen, die die Pandemie, die Sorgen der Mitmenschen, das Leid und die Angst ausnutzen und instrumentalisieren, um rechtes Gedankengut und Verschwörungsmythen zu verbreiten. Anstatt antisemitische und faschistische Erzählungen und Stereotype zu verbreiten, Hass und Gewalt zu schüren, ist es wichtig, als Verbündete zusammen zu stehen und gemeinsam stark zu sein. Wir stellen uns gegen rechte Hetze und verurteilen antisemitische und faschistische Propaganda zutiefst.

Wir rufen Sie, auf gemeinsam gegen Antisemitismus und rechte Hetze einzustehen. Darum laden wir Sie ein, sich im Rahmen eines Vortrages mit anschließender Diskussion über antisemitische Narrative und Stereotype auseinanderzusetzen, um Verschwörungstheorien bewusst erkennen.